Ohne Kinder bin ich freier

Die Geschichte von Beatrice Metzler

Früher dachte ich, dass ich mit 26 heiraten und mit 28 das erste Kind bekommen würde. Dann machte mein Freund nach sechs Jahren mit mir Schluss und ich zog nach Irland. Plötzlich war ich acht Jahre Single und verspürte keinen Drang mehr, Kinder zu bekommen.

Als ich vor vier Jahren meinen jetzigen Freund kennengelernt habe, war er ganz offen damit, dass er keine Kinder will. 

Und da habe ich mich das erste Mal gefragt, ob ich eigentlich welche will oder ob ich nur immer dachte, dass Kinder Teil meines Lebens sein sollten.

Ich mag Kinder, liebe mein Patenkind, aber bin auch immer froh, wenn ich es zurück an die Eltern geben kann und ich dann bei mir daheim in Ruhe sein kann. Zudem habe ich einige medizinische Geschichten, die ich niemandem vererben will. Und ich weiss mittlerweile, dass ich 8 Stunden Schlaf benötige, um richtig zu funktionieren. Alles Gründe, wieso ich mich für ein kinderfreies Leben entschieden habe. 

Der Entschluss keine Kinder zu bekommen war an sich nicht schwer, aber die Diskussionen um das warum – vor allem mit Familie und Schwiegereltern – war anstrengend. Zum Glück haben es jetzt alle akzeptiert. Auch wenn bei einigen noch die Angst mitschwingt, dass ich im Alter mal allein sein werde. Ich habe diese Angst allerdings selbst nicht. 

Ich kenne genug Beispiele von älteren Menschen, die trotz Familie im Alter allein sind, weil Kinder ausgewandert sind oder man sich zerstritten hat.

Kinder bekommen ist also keine Garantie für Gesellschaft im Alter.

Im Gegenteil denke ich, da ich mir bewusst bin, dass ich keine Nachkommen habe, verwende ich viel mehr Zeit auf meine Community.

Das Einzige, was sich manchmal seltsam anfühlt, ist der Gedanke, dass alle meine Vorfahren bisher erfolgreich ihre DNS weitervermittelt haben. Und bei mir jetzt Schluss ist. Aber wenn ich mir anschaue, wie es mit der Welt sowohl sozialpolitisch als auch mit der Umwelt so vor sich geht, dann möchte ich das auch keinem Kind antun.

Ich lebe heute so, dass die Menschen in meinem Leben positiv davon beeinflusst werden. Auf das, was nach mir kommt, habe ich keinen Einfluss und das ist ok.

Was ich an meinem kinderfreien Leben am meisten mag, ist die Freiheit mich immer neu zu entfalten.

So habe ich nach vielen Jahren die Liebe zur Musik wieder entdeckt und bin nun Teil von 3 Bands! Mit Kindern hätte ich weder die Zeit noch die Energie, die es braucht, um neben dem Job auch noch so viel Musik zu machen. 

Ausserdem kann ich für meine Freunde da sein, sowohl die mit Kindern als auch die ohne. Das ist mir sehr wichtig.

Ich glaube fest daran, dass es ein Dorf braucht, um ein Kind aufzuziehen und manche in dem Dorf müssen dem Kind auch aufzeigen, wie ein Leben ohne Kinder aussehen könnte.

So normalisieren wir das Thema auch in der nächsten Generation.

Alle müssen für sich entscheiden, ob man Kinder will oder nicht. Ich fand es hilfreich, Freunde zu haben, die sich auch dagegen entschieden haben. So kann man offen über Ängste oder Frustrationen sprechen, ohne dass man das Gefühl hat, der andere will einen von seiner Sicht überzeugen.


Beatrice Metzler

*1984 in Leipzig geboren und aufgewachsen, lebt seit 2008 in Dublin, Irland. Nach 12,5 Jahren bei Facebook in verschiedenen Positionen nun selbstständig als Coach mit Fokus auf Frauen, die in die Politik gehen. Als Bassistin hat sie gerade mit ihrer Gruppe Jazzabelles (einem komplett weiblichen Jazz-Ensemble) das erste Album released.
beametzler.com

 
Gastautor*in

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