Kinderfreie Männer

Die Kinderfrage scheint ein Frauenthema zu sein. 95.3% unserer Instagram-Follower sind Frauen und die meisten kinderfreien Geschichten, die uns geschickt werden, kommen von Frauen. Wo sind die Männer? Interessiert sie das Thema nicht? Oder sagen sie einfach lieber nichts dazu? Wir haben einen Mann gefunden, dem wir ein paar Fragen stellen durften. 

Erich, danke, dass du dich unseren Fragen stellst! Kommen wir gleich zum Punkt; warum willst du keine eigenen Kinder?

Ich entziehe mich gerne der Verantwortung des Vaterseins. Zudem bin ich in dieser Hinsicht wohl etwas egoistisch; ich finde, ich bin mir selbst zu schade, als dass ich so viel Zeit, Geld, Nerven und Energie darauf verwenden würde, ein Kind grosszuziehen. Ein weiterer Punkt ist die Angst. Ich hätte viel zu grosse Angst, dass meinem Kind etwas zustossen könnte. Auch wäre ich wohl nicht bereit, mich um ein behindertes Kind zu kümmern. Zu guter Letzt finde ich, dass die Welt oder die Gesellschaft, in der wir alle leben, in meinen Augen kein guter Ort ist für Kinder.

Wie kamst du zu dieser Entscheidung? Was ist dir dabei vielleicht schwer gefallen?

Die Entscheidung, kein Vater sein zu wollen, habe ich etwa 2018 getroffen. Zuvor war mein Traum folgender: Partnerin, Haus, Auto, Job, Garten, Kinder, Haustiere. Dann habe ich jemanden kennengelernt, geboren 1970 (ich bin Jahrgang 1993). Dieser jemand hat mir mit seinem Beispiel gezeigt, dass man sehr wohl ganz gut ohne Kinder glücklich sein kann. Er hat mir auch die Vorteile eines Lebens ohne Kinder aufgezeigt. 

Im Nachhinein muss ich wirklich zugeben, dass dieser jemand einen sehr grossen positiven Einfluss auf mich hatte. Dafür bin ich ihm sehr dankbar. Dann entschloss ich für mich allein, einfach den Part des Vaterseins in meinem Leben wegzulassen. Die Gründe, die ich bei der ersten Frage aufgezählt hatte, haben sich aber tatsächlich nach und nach aufgebaut und gefestigt. 

Schwer war für mich die Partnersuche zu dieser Zeit, da ich in der Regel am Ende jedes ersten Dates bekannt gegeben hatte, dass ich keine Familie gründen möchte. Sehr oft gab es aus diesem Grund kein zweites Date, was ich so bevorzugt hatte, anstatt wochenlanges Daten, bis dann der Kinderwunsch thematisiert wurde.

Welche Reaktionen hast du aus deinem Umfeld erfahren, weil du keine eigenen Kinder hast?

Zu Beginn, also 2018, wurde ich mit viel Unverständnis konfrontiert, sobald ich sagte, dass ich mich gegen eine Familiengründung entschieden habe. Oft musste ich mich rechtfertigen und erklären. Das war ziemlich nervig. Ich habe festgestellt, dass sich die Gesellschaft regional (also eher städtisch als ländlich) schon so weit entwickelt hat, dass sich dieses Verhalten bereits in wenigen Jahren stark zum Positiven verändert hat. Das finde ich toll. Das zeigt mir auch: “Hey, es passiert etwas in unserer Gesellschaft.”

Hast du das Gefühl, dass es bei der Kinderfrage und der Wahrnehmung in der Gesellschaft Unterschiede zwischen Männern und Frauen gibt?

Ja, auf jeden Fall. Ich denke, in sehr vielen Köpfen hängt noch das verstaubte Bild von klassischer Rollenverteilung in unserer Gesellschaft. Daher müssen sich zwangsläufig Frauen viel öfter rechtfertigen als Männer. Das finde ich sehr schade und ungerecht, weil es nervt. Ich habe nichts dagegen, wenn eine Frau gerne Mutter ist, gerne Hausarbeit macht und gerne 24/7 zu Hause ist. Sie dürfen das gerne machen, wenn das ihr Traum ist und sie damit glücklich sind. Was ich nicht gut finde, ist, wenn Frauen das machen, weil die Gesellschaft dies erwartet.

Wir haben das Gefühl, dass sich Frauen mehr Gedanken zum Kinderthema machen als Männer. Teilst du diese Meinung? 

Das Gefühl habe ich auch. Das spielt wohl in das gleiche Thema „gesellschaftliche Rollenbilder“ rein. Junge Frauen werden gefragt: „Wie sieht es mit der Familienplanung aus, hast du schon den richtigen Mann an deiner Seite?“ Ich denke, Frauen wird oft die Wahl genommen, ob sie sich damit befassen möchten oder nicht. Junge Männer werden gefragt, wo sie beruflich hinmöchten oder welche Weiterbildung sie anstreben.

Eine etwas persönliche Frage: Wie verhinderst du, dass du ein Kind zeugst?

Kein Problem, ich mache daraus kein Geheimnis. Ich bin seit Anfang 2021 vasektomiert. Eine tolle Art und Weise, sich vor ungewollten Schwangerschaften zu schützen. Nicht zu vergessen, eine Vasektomie schützt nur vor Schwangerschaft, jedoch nicht vor sexuell übertragbaren Krankheiten.

 „Männer können bis ins hohe Alter Kinder zeugen.“ Was denkst du zu dieser Aussage?

Ich persönlich finde, jede Person ihr Leben so gestalten sollte, wie sie es für richtig hält. Für mich ist Vaterwerden auf jeden Fall keine Option, auch nicht im Alter. 

Danke Erich, für deine Antworten!!


Wer mehr von Männern hören möchte - wir haben bereits zwei kinderfreie Geschichten von Männern auf dem Blog:


Erich (31 Jahre alt)

Geboren und aufgewachsen in Nordhessen, Landkreis Waldeck-Frankenberg. Er ist der drittälteste von vier Brüdern. Er ist Projektleiter für Heizungssanierungen auf Wärmepumpen und lebt seit seinem 22igsten Lebensjahr in der Schweiz, Nahe Bern.

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Nadine

Seit 2019 bewusst kinderfrei und zufrieden mit der Entscheidung.

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