Willst du mit mir Steuern zahlen?
Zu heiraten und dann keine Kinder zu wollen – das war wohl die dümmste Entscheidung, die ich finanziell treffen konnte. Warum? Weil es in der Schweiz immer noch die sogenannte «Heiratsstrafe» gibt, welche das klassische Familienmodell bevorzugt und wiederum einen kinderfreien Lebensstil abstraft.
Steuerprogression
Die Krux ist das doppelte Einkommen. Denn wenn keine Kinder da sind, arbeiten meist beide Partner hochprozentig. Ist man nicht verheiratet, versteuern beide Personen ihr Einkommen individuell, auch wenn man z.B. im Konkubinat lebt. Nach der Hochzeit werden beide Einkommen zusammengezählt und man bezahlt als Ehepaar Steuern. (Hast du gewusst? Die «Person 1» bei der gemeinsamen Steuererklärung ist IMMER der Mann….)
Das schweizerische Steuersystem funktioniert progressiv. Das heisst, die Steuerlast steigt nicht linear mit der Höhe des Einkommens, sondern verhältnismässig stärker.
Ein Rechenbeispiel (Quelle: VZ-Vermögenszentrum):
100'000 Franken Lohn wurde 2023 in Zürich mit 10.7% versteuert. Das heisst, man zahlt 10'699 Franken Steuern.
Bei 200'000 Franken Lohn ist der Steuersatz 15.2%, was heisst, dass man 30'490 Franken Steuern zahlt.
Klassisches Familienmodell
Das Steuermodell ist auf das klassische Familienmodell ausgelegt; Mann arbeitet Vollzeit, Frau ist Hausfrau (leistet also einen Haufen kostenlose Care-Arbeit) und schaut auf die Kids. So wird nur 1 Lohn versteuert und man bleibt in einer tieferen Steuerprogression.
Wenn wir nochmals einen Blick auf das Rechenbeispiel von oben schauen: Zwei nicht verheiratete Personen, die individuell 100'000 verdienen, zahlen zusammen 21'398 Franken steuern. Ein verheiratetes Paar zahlt 9'092 Franken mehr, nur weil sie vor Staat «ja» gesagt haben. Klingt ein bisschen unfair? Ist es auch…
Individualbesteuerung
Nun fragt sich die eine oder der andere vielleicht; warum schafft man das nicht einfach ab und führt auch bei Ehepaaren (zumindest bei denen die wollen) die Individualbesteuerung wieder ein? Es wäre doch so klar, so einfach…?
Wenn da nicht das grosse Loch in der Staatskasse wäre. Man spricht von einer Milliarde Franken Steuergelder, die verloren gingen, würde die Individualbesteuerung eingeführt (Quelle: efd.admin.ch). Dabei müsste es heissen:
Und – es gäbe ja auch Vorteile! Denn die Individualbesteuerung würde es attraktiver machen, dass beide Partner einer Erwebstätigkeit nachgehen. Das würde den Fachkräftemangel entschärfen UND viele Probleme, wie z.B. den Pension Pay Gap minimieren.
Weniger Rente
Als ob es nicht genug wäre… Neben höheren Steuern kommt noch dazu, dass man als Ehepaar in der Pension schlechter gestellt ist als Konkubinatspaare. Ehepaare erhalten nur 1.5 Renten statt 2 volle.
Gibt’s auch Vorteile? Ja, z.B. wenn es ums Erben geht. Und im Todesfall erhält die Witwe oder der Witwer Geld aus der 1. bis 3. Säule. Auch wird bei einer Scheidung die Pensionskasse aufgeteilt – das ist aber v.a. vorteilhaft, wenn man Kinder hat und der Elternteil, der mehr Care Arbeit übernommen hat, so von einer Rentenabsicherung profitieren kann. Wenn beide arbeiten, ist das nicht relevant.
Wann ändert sich was?
Es tut sich was. Die Politik ist sich grundsätzlich einige, dass die Heiratsstrafe abgeschafft werden muss. Doch bis sich wirklich etwas ändert ist es noch ein steiniger (und teurer) Weg, zumindest für jene unter uns, die aus Liebe und nicht wegen Kindern geheiratet haben…
Die Alternative zu einer Änderung wäre: Wir heiraten nicht mehr, lassen uns scheiden, leben im Konkubinat und lassen die Institution Ehe verenden. Wäre vielleicht gar nicht so schlecht… In «Das Ende der Ehe» schreibt Emilia Roig schliesslich: